Das Erscheinungsbild der Vampire
Auf den ersten Blick wird sich das Aussehen eines Vampirs kaum von dem eines Normalsterblichen unterscheiden. Ohne Frage sind Angehörige dieser Rasse Meister der Tarnung, würden sie doch sonst nicht unbeschadet unter den Sterblichen wandeln können. Dennoch gibt es winzige Details, welche den sehr aufmerksamen Betrachter stutzig machen können.
Der Fluch der Ewigkeit lässt einen Vampir äußerlich nicht altern. Sein Körper wird immer so bleiben, wie er es am Tag der Wandlung war. Dies betrifft vor allem den Haarwuchs, denn auch bei häufigem Kürzen entspricht das Haar bereits nach wenigen Stunden wieder seiner ursprünglichen Länge. Seine Hautfarbe gleicht der eines normalen Menschen, es sei denn, der Vampir hat über einen längeren Zeitraum keine Nahrung zu sich genommen, was ihn blass erscheinen lässt und seiner Haut einen fast pergamenten Schimmer verleiht. Seine Augen sind weder blutunterlaufen noch ähneln sie denen eines wilden Tieres, eher scheint sein Blick kalt und gefühllos. Nur wenn der Unsterbliche eine seiner dunklen Gaben, die Fähigkeit auch im Dunkeln zu sehen, einsetzt, zeigt sich in seinen Augen für einen Moment ein rotes Leuchten.
Auch sein Kleidungsstil verrät den Vampir nicht auf den ersten Blick. Viele Unsterbliche bewegen sich weiterhin in der Gesellschaftsschicht, der sie vor ihrer Wandlung entstammten, um ihre wahre Identität nicht zu gefährden. Dennoch ist jedem Vampir eine gewisse Eitelkeit zu eigen, möglicherweise darin begründet, dass er sein Spiegelbild nicht mehr betrachten kann und so sehr viel Sorgfalt auf sein Äußeres verwendet, was jedoch nicht bedeuten muss, dass jeder gut gekleidete Edelmann ein Blutsauger ist.
Ein häufiger Trugschluss auf das Wesen eines Vampirs sind seine Zähne. Wohl besitzen die Unsterblichen jene legendären Eckzähne, die sich bei Bedarf zu langen scharfen Fängen herausbilden. Doch werden sie nicht gebraucht, so unterscheiden sie sich in keinster Weise von denen eines Normalsterblichen.
Das Aussehen eines Vampirs in Rage oder während er gerade dabei ist, Nahrung zu sich zu nehmen.. nun, es bleibt zu hoffen, dass kein Sterblicher sich diesem Antlitz gegenüber sehen muss.
Vampire und ihre Gesellschaft
Tugenden der Vampire
- Die Verschwiegenheit – Hüte das Geheimnis deiner Art, denn nur so wird ihr Fortbestand gesichert.
- Die Klave – Füge dich deiner Gemeinschaft, denn das Wort des Principals steht über allem anderen.
- Die Erben – Ohne die Zustimmung des Consiliariums ist deine Wahl nutzlos. Ein Kind, das nicht offiziell anerkannt wurde, ist zum Tode verurteilt.
- Die Verantwortung – Für die Fehler deiner Nachkommen bist du verantwortlich.
- Der Brudermord – Töte niemals einen anderen deiner Art, es sei denn der Principal hat es befohlen.
Gesellschaftliche Ordnung
Unter den Vampiren herrscht eine unumstößliche Hierarchie, deren Aufbau abhängig ist von Alter und Macht der einzelnen Mitglieder. Es ist ein ungeschriebenes Gesetz, dass die Vampire sich in ihrem jeweiligen Lebensraum in Gruppen zusammentun, so genannten Klaven. Mitunter können diese Zusammenschlüsse als anerkannte Gilden fungieren, auch das Bild einer traditionellen Adelsfamilie wird gern als Deckmantel für die eigentliche Klave genutzt. In den meisten Fällen handelt es sich jedoch um einen geheimen Bund, dessen Identität den Normalsterblichen verborgen bleibt.
Das Oberhaupt eines solchen Bundes ist der Principal. Er ist der Älteste seiner Klave, nicht selten in direkter Linie abstammend von Doribahl, dem ersten aller Unsterblichen. Sein Wort ist Gesetz, seine Macht und sein Einfluss bedeutend. Ihm wird von jedem Mitglied Achtung erwiesen, selbst von den wenigen, welche sich von ihrer Klave lossagen und ein Einsiedlerdasein der Gemeinschaft vorziehen.
Dem Principal untersteht das Consiliarium, der so genannte Rat der Weisen, eine kleine Gruppe der ältesten und erfahrendsten Vampire, dem zusammen mit dem Principal die Verwaltung der Klave sowie die Entscheidung über die Nachkommenschaft obliegt. Die meisten Mitglieder des Rates müssen sich ihren Stand hart erkämpfen, nicht selten mittels verschleierter Intrigen und unlauterer Handlungen, denn auch die Ältesten sind verpflichtet, sich nach der Doktrin zu richten. Das Töten eines anderen Unsterblichen ohne den Befehl des Principals führt augenblicklich zum eigenen Tod.
Unter den Sterblichen bekleiden sie oft Ämter hohen Ranges, als Minister oder Berater eines Landesherren beispielsweise, und machen sich durch ihre Erfahrung an Weisheit und List unentbehrlich.
Die Gefolgschaft einer Klave bilden die mehr oder minder „gewöhnlichen“ Vampire, die standesgemäß der 4. oder einer noch jüngeren Generation entspringen. Sie besitzen alle Fähigkeiten ausgewachsener Vampire sowie die Erlaubnis, Nachkommen zu zeugen, werden jedoch aufgrund des Generationsunterschiedes nicht in Regierungsangelegenheiten eingeweiht. Nichtsdestotrotz finden gerade in dieser vampirischen Gesellschaftsschicht mitunter die heftigsten Machtkämpfe statt, denn nur den ehrgeizigsten und bestrebtesten steht die Aussicht auf einen Platz im Consiliarium offen. Sie sind jedoch loyale Anhänger ihrer Klave und ehrfürchtige Diener des Principals.
Die Nachkommenschaft der Unsterblichen besteht aus den Erweckten, von den Älteren auch spöttisch Welpen genannt. Gebunden an ihren Erschaffer und Mentor, müssen sie sich erst noch mit ihrer neuen Existenz vertraut machen und lernen, ihre Fähigkeiten zu gebrauchen. Der Schritt vom Erweckten zum erwachsenen Vampir wird üblicherweise mit einer Prüfung vollzogen, bei welcher der Welpe sein Können unter Beweis stellen muss.
Die unterste Stufe der vampirischen Gesellschaft bilden die Ghule. Sie haben weder Rechte noch übernatürliche Fähigkeiten und werden mehr oder weniger als Sklaven behandelt. Jeder ausgewachsene Vampir hat das Anrecht auf einen solchen „Diener“, dem die Möglichkeit offensteht, später selbst einmal zu einem Unsterblichen zu werden. Der Vampir kann einen Ghul erschaffen, indem er einen Sterblichen von seinem Blut trinken lässt und so ein Band zwischen ihrer beider Seelen knüpft (im Gegensatz zu einer Bindung zwischen zwei Vampiren ist dieses Band jedoch wieder lösbar, siehe dazu ‚Verhalten’). Auf diese Weise vermag der Vampir dann seinen Diener zu lenken und dessen Willen zu beinflussen.
Ghule, deren Gebieter sie zu Unsterblichen machen wollen, müssen sich einer langwierigen Bewährungszeit unterziehen, während der vor allem das Consiliarium beobachtet und beurteilt, wie sich der Sterbliche seinem zukünftigen Dasein und der Gemeinschaft anpasst. Eine nicht geringe Rolle spielen hierbei auch Geschicke und gesellschaftliches Ansehen, achten die Vampire doch stets auf ihren Vorteil und wählen ihre Nachkommenschaft nicht ohne Eigennutz.
Hat der mögliche Nachkomme alle Prüfungen bestanden und das Consiliarium seiner Wandlung zugestimmt, wird das Erweckungsritual vollzogen, bei dem der Erschaffer seine Seele mit der seines neuen Kindes verknüpft. Wie genau dies vor sich geht, ist jedoch ein Geheimnis der Unsterblichen, über das keinerlei Aufzeichnungen existieren.
Vollzieht ein Unsterblicher die Erweckung ohne das Einverständnis des Rates, so wird sein Kind hingerichtet. Die Bestrafung des Vampirs selbst liegt im Ermessen des Principals und kann von Verbannung bis hin zum Todesurteil reichen.
Schwächen der Vampire
Unerhörtes ereignete sich zu jener Zeit, als Daerunim verbissen mit den Göttern um die Macht kämpften und einzig davon beseelt waren, den Göttern und ihrer Schöpfung zu schaden. In seiner Überheblichkeit wagte es der Herr der Knochen, die Macht der Götter und besonders die des Omantis herauszufordern und ein menschliches, aber untotes Wesen zu erschaffen. Doch die Geduld der Götter ist wahrlich groß und die Zeit endlos. Wenn die Schöpfung des Namenlosen auch in der Welt der Sterblichen wandeln mag, so liegt ihr Gedeihen doch in der Hand der Götter. Jenem, der zurückkehrte von den Toten, wurden vier Schwächen auferlegt, die er an seine Nachkommen weitergeben sollte.
(niedergeschrieben in der Chronik der Ältesten)
Die erste Schwäche – Der Fluch der Blutgier
„An fremdes Leben wirst du gebunden sein, und unfähig, dich dem zu widersetzen.“
Um den Sterblichen zu schaden, beschloss der Namenlose in seinem Hass nicht nur, dass seine Schöpfung sich einzig vom Blute der Lebenden ernähren kann, sondern verhängte auch den Fluch der Blutgier, genannt „der rote Rausch“, über sie.
Weigert sich ein Vampir, über einen bestimmten Zeitraum, Blut zu sich zu nehmen, so verfällt er in eine Art Wahnsinn. Er vermag sich selbst nicht mehr zu kontrollieren, oftmals versagt seine Tarnung, und er neigt dazu, alles Lebendige anzugreifen, bis er seinen Durst gestillt hat.
Die zweite Schwäche – Der Schmerz des reinen Blutes
„Wenn das Blut der Diener der Götter deine Lippen benetzt, sollst du dich in Qualen winden.“
So wollen es die Götter zum Schutze ihrer treuesten Anhänger.
Besorgt über den Blutdurst der Vampire, ließen die Götter ihnen das Blut ihrer sterblichen Diener zur Qual werden. Versucht ein Vampir, das Blut eines von den Göttern gesegneten Wesens zu trinken, so wird ihm jeder einzelne Tropfen zur Qual und er verspürt Schmerzen in seinem gesamten Körper.
Die dritte Schwäche – Das Licht des Tages
„In Finsternis sollst du wandeln. Berührt dich das Sonnenlicht, so soll deine Haut wie Feuer brennen bis du zu Staub zerfällst.“
So soll es sein nach dem Willen Adalons und Aliandas, die das Licht des Tages lieben.
Als Doribahl die zweite Generation der Unsterblichen erschuf, galt diese Schwäche als die gefürchtetste von allen, denn die Vampire waren gezwungen, nur bei Nacht unter den Sterblichen wandeln zu können, was ihnen gegenüber natürlich zu Misstrauen führte.
Doch wie alle Geschöpfe sich im Laufe der Zeitalter ihrer Umwelt anpassten, so taten dies auch die Unsterblichen. Jahrhunderte vergingen, bis der erste Vampir fähig war, sich dem Licht der Sonne auszusetzen, ohne dass sich sein Körper sofort aufzulösen begann. So ist es den Unsterblichen nunmehr möglich, sich auch am Tage relativ frei zu bewegen. Dennoch büßen sie bei Tageslicht – je nach Intensität der Sonne bzw. Tageszeit – einen Großteil ihrer Kräfte ein.
Die vierte Schwäche – Die Tränen des Himmels
„Und wenn der Himmel weint und seine Tränen dich treffen, so soll dir Schaden zugefügt werden.“
So soll es sein nach dem Worte Aliandas, welche die Natürlichkeit des Lebens liebt.
Jede Form von Wasser kann dem Vampir zum Verhängnis werden, sei es der Regen, das Meer oder auch nur tauender Schnee: Sobald es die nackte Haut des Unsterblichen berührt, wird er verletzt. Ein paar Tropfen können den Vampir zwar nicht töten, sondern fügen ihm nur Verletzungen zu, die Brandwunden ähneln. Wird er jedoch ganz und gar dem nassen Element ausgesetzt, kann sich sein Körper nicht mehr von diesen Wunden erholen.
Gaben der Vampire
Doch die Unsterblichkeit birgt nicht nur Nachteile, denn der Knochenfürst verlieh seinen dunklen Kindern verschiedene Gaben, um ihnen ihr Dasein unter den Sterblichen zu erleichtern.
- Gestaltwandel – Er gab ihnen die Fähigkeit, ihre Gestalt zu verändern, so dass sie unbemerkt umherstreifen können.
- Incognito – Er verlieh ihnen die Macht, den Geist der Sterblichen so zu täuschen, dass sie sich nicht mehr an das Gesicht des Vampirs erinnern können.
- Nachtsicht – Er schärfte ihre Sinne, so dass sie in der Nacht sehen können.
- Verbesserte Heilung – Er ermöglichte es ihnen, sich trotz ihres toten Körpers besser heilen zu können. Doch der Preis dafür ist das Blut von dem sie sich nähren.
Vampire und der Tod
Es mag ironisch erscheinen, in Bezug auf eine untote Rasse vom Tod zu sprechen, doch ebenso wie alle anderen Sterblichen können Vampire ihr Ende finden. Aufgrund ihrer Widerstandsfähigkeit und ihrer Eigenschaften gibt es aber nur wenige Möglichkeiten, den Unsterblichen sterben zu lassen, und diese sind wohlgehütete Geheimnisse.
Der tote Körper des Vampirs wird – neben dem Blut, das er zu sich nimmt – nur von seiner Seele am Leben erhalten, die in ihm gefangen ist. Nach seinem endgültigen Dahinscheiden wird diese Seele von Omantis in sein Reich gebracht. Da der Herr über die Toten der Schöpfung der Vampire jedoch höchst feindselig gegenübersteht, fürchten viele von ihnen, dass ihre Seele dort endlose Qualen leiden wird.
Das Verhalten der Vampire untereinander
Entgegen den Gerüchten, sie seien kaltherzige gefühllose Wesen, haben Vampire sehr wohl Empfindungen, allerdings sind diese individuell abhängig vom Alter des Vampirs und unterscheiden sich mit zunehmender Daseinsfrist von denen eines Menschen.
Ein Welpe beispielsweise, der gerade erst erweckt wurde, wird auf Grund der Nähe zu seinem sterblichen Dasein noch sehr intensiv und ähnlich einem Menschen fühlen können. Mit zunehmendem Alter verblassen jedoch die „Erinnerungen“ an menschliche Gefühle, die Sicht- und Wahrnehmungsweise des Unsterblichen ändert sich.
Dies erklärt sich wohl dadurch, dass der Vampir selbst nur durch seine Seele empfindet, sein Augenmerk dabei auf völlig andere Aspekte legt als ein Mensch es tut. Er beginnt seine Umwelt sozusagen objektiv wahrzunehmen, vergleichsweise wie ein Forscher.
Hass, Zorn, Wut.. all diese negativen Emotionen können einen Vampir zur reißenden Bestie machen, und lassen ihn durchaus den Kampf mit mehreren Gegnern aufnehmen. Doch muss schon etwas wirklich außergewöhnliches passieren, um dem Unsterblichen diese Gefühlsausbrüche zu entlocken. Simple Beleidigungen oder Beschimpfungen, Diebstahl.. diese Dinge provozieren wohl lediglich ein müdes Lächeln auf seinen kalten Lippen.
Die Liebe, welche Vampire empfinden, ist nicht vergleichbar mit dem, was Menschen fühlen können, und so kann diese Liebe auch nur zwischen zwei Unsterblichen existieren. Wie ein unsichtbares Band verknüpft sie die Seelen der beiden Liebenden miteinander.. wenn diese sich denn sicher sind, den Gefährten gefunden zu haben, mit dem sie die Ewigkeit teilen wollen, denn diese Verbindung ist nur durch den endgültigen Tod wieder zu lösen.
Gefährlich allerdings ist die Trauer für einen Unsterblichen. Ist er einmal in die Fänge von Gram und Schmerz geraten, so wird ihn diese Pein nicht so schnell wieder freigeben, im äußersten Falle gar an sich selbst zweifeln lassen, so dass er den Freitod durchaus in Betracht zieht, um seine Seele von dem Leid zu erlösen.
Hervorgerufen werden können derart tiefe Gefühle etwa durch den Verlust des Gefährten, eine traumatische, vielleicht unfreiwillige Wandlung zum Unsterblichen oder der stetige Wandel seiner Umwelt, den der Vampir nicht mehr ertragen kann.
Das Verhalten der Vampire anderen Rassen gegenüber
Im Laufe der Zeitalter ist das einst detaillierte Wissen über die Unsterblichen nahezu verloren gegangen. Hier und da vernimmt man zwar Gerüchte, die Unsterblichen würden noch immer existieren und unbemerkt unter den Lebenden wandeln, doch hieb- und stichfeste Beweise dafür gibt es nicht, denn die perfekte Tarnung des Vampirs macht es äußerst schwer, ihn als solchen zu erkennen. Und so gelten die Vampire heute eher als eine Legende, wenngleich es immer noch einige wenige Sterbliche gibt, die von ihrer Existenz überzeugt sind.
Grundsätzlich hegen die Unsterblichen keine Feindseligkeit gegen eine der sterblichen Rassen, da es nicht ihre Art ist, sich in fremde Konflikte einzumischen. Sehen sie ihre Maskierung jedoch bedroht, so zeigen sie kein Erbarmen, bis die Gefahr gebannt ist.