Hintergrund:
Schon vor langer Zeit erkannten die Völker Tauvils, dass ein gut ausgebildetes Pferd ein wertvoller Vorteil in der Schlacht ist.
Auf Iscandia machten sich zunächst die freien Stämme des Wüstenreiches die Überlegenheit einer schnellen und beweglichen Reiterei zunutze und perfektionierten den Schwertkampf vom Pferde aus. Im Königreich hingegen dienten Pferde höchstens dazu, die Truppen schnell in die Schlacht zu bringen, gekämpft wurde weiterhin zu Fuß. Erst nach und nach entwickelten sich auch dort der Schwertkampf vom Pferd aus und parallel dazu auch eine Reiterei, die anfangs in leichter Rüstung mit Speeren in die Schlacht ritt. Später wurde die Panzerung verbessert und die Speere gegen stärkere Reiterlanzen ausgetauscht.
Ein für diese Kampfesweise geeignetes Pferd war aber eine sehr teure Anschaffung, da nicht nur Kosten durch den Unterhalt sondern auch durch die langwierige Abrichtung entstanden., Wenn das Pferd die nächste Schlacht nicht überlebte, war der Verlust immens. Auch die nötige Ausbildung und Ausrüstung der gewappneten Reiter kostete sehr viel Gold und Zeit. Für den Großteil der Bevölkerung war dies unmöglich aufzubringen, weswegen die gepanzerte Reiterei fast ausschließlich von wohlbetuchten Adligen gebildet wurde. So ist es nicht verwundeerlich, dass diese Reiterei nur sehr klein war.
Da ihre Stärke in der Schlacht aber nicht zu unterschätzen war, versuchten einige der Landesfürsten den Anteil der Gewappneten in ihren Heeren weiter zu erhöhen. Zu diesem Zweck stellten sie einen Teil der nötigen Ausrüstung bürgerlichen Familien zur Verfügung und bildeten willige Recken in der Kunst des Kampfes zu Pferde aus. Diese bürgerlichen Reiter nahmen in der Schlacht die gleiche Rolle ein wie ihre adligen Mitstreiter. Und auch zwischen den Schlachten drängte sich das Bürgertum in die Gesellschaft des Adels und versuchte Einfluss auszuüben oder sich einfach nur in den Mittelpunkt zu rücken ohne sich um die Sitten des Anstands zu kümmern, welche die Adligen selbst in der Schlacht einzuhalten pflegten.
Um sich sowohl innerhalb als auch außerhalb der berittenen Truppen von diesen bürgerlichen Reitern abzusetzen, gründete eine Gruppe junger Adliger einen neuen Reiterbund. Um ihm beizutreten, mußte man bestimmte Voraussetzungen erfüllen und sich durch das Einhalten bestimmter Verhaltensweisen beweisen. Die Mitglieder dieses Bundes nannten sich fortan Ritter, was sich aus dem Wort „beritten“ ableitet.
Nach anfänglicher Skepsis setzte sich diese Aufteilung der Gewappneten bald in allen Fürstentümern durch. Es galt als Ehre, den Rittern anzugehören. Durch das große Interesse an dem Bund wurde es bald erforderlich, die Anforderungen höher zu setzen, was dazu führte, dass nicht nur Bürgherliche sondern sogar manche Adlige nicht würdig genug waren, den „Rittern“ beizutreten. Im Zuge dieser veränderten Anforderungen entstand auch der Kodex des Rittertums, in welchem die Tugenden verzeichnet sind, die ein Ritter einzuhalten hat.
Der Kodex der Ritter:
Dieser Kodex sorgte dafür, dass nur entsprechend begabte Menschen Ritter werden konnten. Die Mehrzahl der Ritter war daher weiterhin adliger Abstammung, doch wurden später auch Bürgerliche in den Ritterstand erhoben, wenn sie von edler Gesinnung und bewandert in den höfischen Umgangsformen waren, wie es die Tugenden verlangten. Aufgrund der im Buch festgehaltenen Verhaltensregeln begab es sich auch, dass viele Mächtige nicht länger danach strebten, dem Orden der Ritter beizutreten, da sie durch seine Regeln an Macht verloren hätten und in ihren Handlungsmöglichkeiten eingeschränkt worden wären.
Trotz aller Auflagen galten die Ritter, wenngleich sie keine Herrscher waren, doch als sehr einflussreich. Durch ihr Verhalten wurden sie vom Volk nicht nur geachtet und verehrt sondern manchmal auch gefürchtet. Aufgrund ihrer Taten wurden sie als Helden betrachtet und fanden daher im Volk rege Unterstützung . Auch junge Damen des Adels fanden Gefallen an ihrem edlen Verhalten und standen einer romantischen Liebe zu einem Ritter nicht abneigend gegenüber.
Vor allem die hochmütigen Adligen, die es als ihr Geburtsrecht betrachteten, über die Menschen ihres Landes nach eigenem Gutdünken zu herrschen, merkten aber mit wachsendem Unbehagen, wie sich die Ziele der Ritter immer mehr ihren eigenen Absichten entgegenstellten. Das sich zwischen beiden Parteien entwickelnde Kräftemessen führte schließlich zu einem Eingreifen der Fürsten, die zum Wohl der Standesordnung entschieden, dass sich jeder Ritter einem Lehnsherren unterzuordnen und ihm ebenso einen Treueeid zu leisten habe wie die geringeren Adligen es ihrem Fürsten schuldig waren.
Aus diesem Grunde bestimmen zwar noch immer die im Kodex verzeichneten Tugenden das Handeln eines Ritters, doch hängen seine Ziele nun von dem Lehnsherren ab, dem er die Treue geleistet hat.
Die Rittertugenden:
Im Laufe der Zeit gab es zahlreiche Fassungen und Abschriften der Tugenden eines wahren Ritters des Ordens. Die hier vorliegenden Tugenden entstammen einer der älteren Fassungen und sind noch in der alten Sprache verfasst, die vor der Gründung des Königreichs verwendet wurde.
Arebeit (Arbeit)
Wann immer die Erfüllung seiner Ziele es zulässt, hat ein Ritter sich ständig zu bewähren, sowohl in seinen körperlichen als auch in seinen geistigen Fähigkeiten. So soll er, wann immer es möglich ist, an Turnieren teilnehmen und nie scheuen, sich neuen Herausforderungen zu stellen. Auch einfache Dienste am Menschen und häufiges Wandeln auf dem höfischen Parkett zählen zur Arebeit.
Diemuete (Demut)
Nie darf ein Ritter seine eigenen Taten zur Schau stellen und mit seinen Leistungen prahlen. Nicht er preist sein Tun an, denn dies ist die Aufgabe anderer. Auf seine eigenen Verdienste reagiert der Ritter mit Bescheidenheit.
Dienest (Dienst)
Um den Ritterschlag zu erhalten, muss man die Aufmerksamkeit des Fürsten und der anderen Ritter des Fürstentums erreichen. Dies ist oft nur durch die Fürsprache eines angesehenen landbesitzenden Adligen möglich, eines Lehnsherren des Fürsten. Im Gegenzug verpflichtet sich der Ritter dem Lehnsherren zum Dienest und macht sich die Ziele seines Fürsprechers zu eigen. Außerdem erhält der Ritter ein Stück Land, mit dem er sein ritterliches Leben angemessen finanzieren kann. Nur der Lehnsherr selbst kann den Ritter wieder aus seinem Dienest entlassen. Es ist durchaus üblich, dass der Lehnsherr den Ritter anweist, sich einer bestimmten Angelegenheit besonders zu widmen, wie zum Beispiel dem Wohl einer Gilde.
Ritter, die ohne die Fürsprache eines Adligen den Ritterschlag erhalten haben, sind besondere Individuen, die durch ihre Taten dem Fürst oder den anderen Rittern aufgefallen sind. Sie werden fahrende Ritter genannt, die in den meisten Fällen zwar kein eigenes Land besitzen, denen man aber die Gastfreundschaft nicht verweigern darf.
Êre (Ehre)
Die Êre selbst kann man am besten mit dem Ansehen umschreiben, welches der Ritter besitzt. Ein Mensch mit Êre besitzt sowohl große körperliche, als auch geistige Stärke, sodass der auf dem Schlachtfeld und dem gesellschaftlichen Parkett gleichermaßen zu streiten vermag.
Ein Angriff auf die Persönlichkeit des Ritters, sei es durch Beleidigungen oder durch Lügen, ist ein Angriff auf die Êre des Ritters selbst. Einer solchen Tat muss der Ritter entgegenwirken, um seine Êre nicht zu verlieren, sei es durch eine Herausforderung zu einem Zweikampf, sei es durch eine Drohung, die eine Entschuldigung erntet, oder sei es durch Wortgewandtheit.
Aber auch selbst kann der Ritter der Verursacher vom Verlust der eigenen Êre sein, nämlich durch unêrenhafte Taten. Ein Ritter darf unbewaffnete oder deutlich schwächeren Menschen nicht ohne weiteres angreifen. Nur diejenigen, welche sich offen gegen den Ritter oder seine Ziele stellen, darf er zum Kampfe herausfordern. Auch darf ein Ritter nicht Dritte anheuern, die seinerstatt mit Wort oder Tat kämpfen.
Den größten Verlust der Êre erleidet ein Ritter, wenn er eine Herausforderung ablehnt. Sollte dies Geschehen, so wird dieser Ritter von nun an als Feigling bekannt sein und aus dem Orden ausgeschlossen.
Das Verhalten gemäß der anderen Rittertugenden hat ebenfalls Auswirkungen auf die Êre. Ein Ritter, der stets und im höchsten Maße gemäß der Tugenden handelt, gewinnt ein hohes Maß an Êre. Ein Ritter jedoch, der allzu oft anders lebt, als die Tugenden es ihm gebieten, verliert seine Êre und kann schließlich aus dem Orden ausgeschlossen werden.
Êret die Dame (Ehrt eine adelige Frau)
Eine besondere Tradition der Ritter ist es, der Bitte einer Dame stets Gehör zu schenken, wenn ihre Bitte mit den anderen Tugenden vereinbar ist. Ist eine Dame gar in Not, so ist ein Ritter als Kavalier verpflichtet, ihr so gut zu helfen wie er es vermag.
Gnade
Die Gnade gebietet einem Ritter, einen besiegten, aber noch nicht toten Gegner zu verschonen. Da dies im Feuer des Kampfes oft nur schwer möglich ist, ist die Gnade eine besonders êrenvolle Tat.
Manheit (Mannhaftigkeit)
In einem Kampf, gleich welcher Art, sind Muot (Mut) und Küene (Kühnheit) die Eigenschaften eines Ritters, welche deutlich hervorzutreten haben. Selbst den Verlust des eigenen Lebens mag er in Kauf nehmen, wenn dies zum Erreichen seiner Ziele oder zur Wiederherstellung seiner Êre führen kann. Angst im Angesicht der Herausforderung führt hingegen zum völligen Verlust der Êre.
Mâze (Maß halten)
Ein Ritter hat in seinem Tun und Handeln stets Mâze zu halten. Er darf weder übertrieben heftig reagieren, noch untätig herumsitzen, wenn sein Eingreifen erforderlich ist. Das gleiche gilt auch für seinen Lebensstil, er darf weder von Verschwendungssucht, noch von allzu großer Enthaltsamkeit geprägt sein.
Handlungen mit Mâze sprechen für die Überlegenheit und Weitsicht eines Ritters.
Schoene (Schönheit)
Auch wenn wenige Menschen von makelloser Gestallt sind, so hat ein Ritter stets die Pflicht, seinen Körper sauber, sein Haar gekämmt, und seine Zähne gepflegt zu halten. Ein strenger Geruch, zerwühltes Harr und faulige Zähne sind der Ehre eines Ritters abträglich.
Sin (Sinn)
Die Worte und Handlungen eines Ritters müssen stets Sinn enthalten. Der Verstand des Ritters muss wach genug sein, damit er das Richtige tut im Sin der Tugenden und seinen eigenen Zielen. Die Emotionen dürfen nie den Sin eines Ritters vernebeln.
Triuwe (Treue)
Ein Ritter hat sein Worte stets zu erfüllen und alle Versprechungen, seien sie mündlicher oder schriftlicher Natur, einzuhalten. Dies gilt im besonderen gegenüber seinem Lehnsherren.
Hierbei ist anzumerken, dass der Glaube an die Götter die gleiche Treue fordert, die der Ritter seinem Lehnsherren entgegenzubringen hat. Dies garantiert, dass ein Ritter nie blind den Weisungen seines Lehnsherren folgen darf, sondern dies mit seinem Glauben, seinem Gewissen und somit auch mit den anderen Tugenden abzuwägen hat.
Sollte er hierbei in einen Gewissenskonflikt geraten, so hat er sich den Weisungen der Tafelrunde zu unterwerfen, die über die Lösung dieser außergewöhnlichen Situation zu befinden hat.
Zuht (Zucht)
Ein Ritter hat stets beherrscht aufzutreten. Seine Kleidung und sein Verhalten müssen eines Edelmannes würdig sein. Auch wenn andere dem Ritter mit Worte oder Taten einer niederen Gesellschaftsschicht entgegen treten, so hat der Ritter sich so zu geben, wie es seiner gesellschaftlichen Stellung entspricht, da es keine Ehre bringt, sich auf das Niveau des einfachen Volkes herabzubegeben.
Die Traditionen der Ritter:
Im Laufe der Jahrhunderte haben bestimmte Sitten und Traditionen Einzug in das Rittertum gehalten. Sie entstanden gleichermaßen aus zur Pflicht gewordener Gewohnheit, als auch der Notwendigkeit her.
Die Tafelrunde:
Unter den Augen ihres Fürsten versammeln sich jedes Jahr alle Ritter eines Fürstentums, um untereinander ins Gespräch zu kommen. Hier werden die tugendhaftesten Ritter geehrt und die weniger tugendhaften getadelt oder gar aus dem Orden der Ritter ausgeschlossen. Auch wird über die Absichten des Fürsten, seinen künftigen Kurs und die mögliche Rolle der Ritter dabei diskutiert. Oft gehen hierbei die Meinungen auch auseinander. In der Tafelrunde wird ebenfalls darüber beraten, ob eine Person den Ritterschlag erhält, oder nicht. Letztendlich wird auch über neue Abenteuer und Aufgaben der Ritter gesprochen.
Diese Unterhaltungen werden stets gesittet geführt. Es gibt immer nur einen Sprecher, während der Rest der Runde ihm aufmerksam zuzuhören hat. Endet er, so ruft ein jeder Redner den nächsten Ritter auf, der sprechen soll, bis ein jeder seine Meinung kundtun konnte. Sollte das Thema eine Entscheidung erfordern, so wird anschließend abgestimmt. Andernfalls wird sogleich das nächste Thema besprochen. Da aber bei diesen Treffen auch die angemessene Verpflegung nicht fehlen darf und die Ritter während des Treffens regelmäßige Pausen einlegen, um sich zu erfrischen oder am reichhaltigen Bankett zu sättigen, kann eine Tafelrunde mitunter mehrere Tage dauern.
Jede Tafelrunde geht mit einem Turnier einher, welches üblicherweise nach dem Ende der Gespräche stattfindet, da eine möglicherweise während der Tafelrunde gefallene Beleidigung direkt während des Tuniers gesühnt werden kann. Neben dem Vergnügen wird der praktische Nutzen eines Tuniers somit nicht außer Acht gelassen.
Die große Tafelrunde (nicht auf Ashkantra):
Während der großen Tafelrunde, die entweder alle zehn Jahre oder auf besonderen Antrag eines Ordens stattfindet, versammeln sich alle Ritterorden des Königreichs, um unter Vorsitz des Königs über den Kodex und seine Zeitgemäßheit zu diskutieren, wozu neben einem möglichen Wandel der Tugenden und ihrer Bedeutung auch die rechte Ausübung der Tugenden zählt. Zudem wird aber auch besonders schwerwiegende Streitigkeiten unter den Rittern geurteilt und gerichtet.
Sie wird nach einem ähnlichen Muster wie eine normale Tafelrunde abgehalten, doch werden, da sie erheblich größer ist, die Orden der Fürstentümer durch einen Sprecher vertreten, der je nach Notwendigkeit einen Ritter seines Fürstentums aufruft, so dass dieser seine Meinung der Versammlung mittteilen kann. Aufgrund dieser Regelung und eines natürlich sehr lange dauernden Turnieres kann eine solche Tafelrunde manchmal länger als einen Monat in Anspruch nehmen.
Ritterschlag:
Der Ritterschlag erfolgt, wenn der Landesfürst und die Tafelrunde einen Menschen als geeignet ansehen. Der Fürst handelt hierbei meist auf Empfehlung eines Lehnsherren, doch kommt es durchaus auch vor, dass der Fürst oder die Ritter selber einen Menschen für tugendhaft genug befinden, den strengen Anforderungen der Tafelrunde zu genügen.
Der Ritterschlag findet üblicherweise nach den Gesprächen der Tafelrunde statt, aber vor dem Turnier. Der auserwählte Knappe tritt hierbei vor den Fürsten, kniet nieder un wartet auf die Frage des Königs
und empfängt vom Fürsten einen symbolischen Schwertschlag auf die rechte Schulter, während die Ritter am anderen Ende des Saals zusehen. Dies ist die letzte Beleidigung, die er ertragen muss. Anschließend erhebt er sich und wendet sich um. Blicken ihn die Ritter an, so wurde er akzeptiert und ist in ihre Reihen aufgenommen. Wenden sie sich jedoch ab, so muss der arme Mann den Saal verlassen und mit Schande beladen heimkehren. Dies trifft jedoch äußerst selten vor, da der Fürst schon zu Beginn verlauten lässt, wen er zum Ritter auserwählt hat, und der Tafelrunde noch vor dem Ritterschlag eine inoffizielle Anfrage nach ihrer Zustimmung zukommen lässt. Falls ein neuer Ritter in das Rittertum aufgenommen wurde, so kann er sich nun in dem bevorstehenden Turnier beweisen.
Noch während der Knappe vor seinem Lehnsherren kniet, stellt dieser
Schwörst du, [Name des Knappen], mir treu zu dienen und die
Als Ritter [Name der Baronie, der Grafschaft oder des Fürstentums] gelobe ich meinen Herrn, dem [Baron, Grafen oder Fürsten] von [Name der Baronie, der Grafschaft oder des Fürstentums] Treue.
Ich gelobe, meinen Herrn und die Tafelrunde stets mit gebührender Achtung zu behandeln. Kein Wort wider sie soll über meine Lippen kommen.
Ich gelobe, die Tugenden des Rittertums zu achten. Keinen Tadel soll man an mir finden.
Ich gelobe, das Land meiner Geburt zu lieben.
Ich gelobe, denen zu Helfen, die der Hilfe würdig sind.
Turnier:
Das Turnier gliedert sich in mehrere Teile. Den Tjost, den Zweikampf mit kurzen Waffen zu Pferde und den Zweikampf mit kurzen Waffen zu Fuß. In jedem Fall muss der Ritter zum Tjost antreten und sich in mindestens einer Waffendisziplin des Zweikampfes sowohl zu Pferde als auch zu Fuß beweisen.
Dem Turnier wohnen nicht nur die gehobenen Gesellschaftsschichten bei sondern auch das einfach Volk. In einigen Fürstentümern ist man dswegen sogar dazu übergegangen, zur Unterhaltung auch gewöhnliche Krieger oder Soldaten auf verschiedene Arten an den Turnieren teilnehmen zu lassen. Zudem werden im Rahmen des Turniers auch ausgedehnte Feste sowohl des Adels als auch des Bürgertums gefeiert.
Tjost:
Der Tjost ist der traditionelle Kampf der Ritter und beruht auf der Kampfesweise der ursprünglichen Reiter: Mit einer Lanze oder einem Speer gilt es, den Gegner im schnellen Ritt zu besiegen. Im Turnier reiten zwei Kontrahenten, durch einen Holzzaun in verschiedene Bahnen getrennt, mit einer stoßbereiten stumpfen Lanze aufeinander zu und versuchen den Gegner aus dem Sattel zu werfen. Gelingt ihnen dies nach drei Durchläufen nicht, so folgt direkt auf den Tjost ein Zweikampf mit kurzen Waffen zu Pferde. Wurde ein Ritter besiegt, indem er aus dem Sattel geworfen wurde oder eine blutende Wunde erlitten hat, so bedeutet die Niederlage für ihn keinen Verlust an Êre, da er durch die Leistung seines Gegners verloren hat.
Obwohl die Lanzen abgestumpft und die Metallrüstungen entsprechend dick sind kommt es des öfteren zu schweren Rippenbrüchen, anderen inneren Verletzungen oder sogar zum Tod eines Kontrahenten. In diesen Fällen erhalten entweder der Unterlegene oder aber seine Angehörigen den ausgesetzten Preis als Entschädigung.
Der Turnierzweikampf mit kurzen Waffen:
Der Zweikampf zu Pferde wird an einem Ende der Tjostbahn ausgeführt, wo die hölzerne Barriere endet und den Reitern kein Hindernis bietet. Beide Ritter kämpfen bei gleicher Waffenwahl solange gegeneinander bis einer der beiden eine blutende Wunde erhält oder vom Pferd geworfen wird.
Der Zweikampf zu Fuß wird innerhalb eines abgesteckten Kampfplatzes oder einer Arena bestritten. Wie beim Zweikampf zu Pferde nutzen beide Kontrahenten die gleiche Waffenart. Er dient sowohl dem gegenseitigen Messen der Kräfte und des Geschicks als auch der Wiederherstellung der Êre.
Gewöhnlich einigen sich beide Ritter zuvor auf die Waffenart, doch wenn Beleidigungen geahndet werden sollen, hat der Beleidigte die Wahl der Waffe. Ein Ritter kann den Sieg für sich beanspruchen, wenn er seinem Gegner eine blutende Wunde zufügt, ihn zu Boden zwingt und kampfunfähig macht oder aber sein Gegner vor Erschöpfung aufgeben muss, was bei langen Kämpfen durch das Gewicht der Rüstungen nicht ungewöhnlich ist.
In beiden Zweikampfarten hat der unterlegene Kämpfer keinen Verlust seiner Êre zu befürchten, wenn er den Kampf auf die zuvor genannten Arten und nicht aufgrund seiner Feigheit verloren hat.
Da selbst junge Ritter so ausgebildet wurden, dass sie sich angemessen verteidigen können, kommt es nur selten zu ernsthaften Verletzungen. Abschürfungen, oberflächliche Schnittwunden und ein großes Maß an Erschöpfung der Kämpfenden können hingegen als normal betrachtet werden.
Sollte es einmal zu einer tödlichen Wunde kommen, so bedeutet dies einen großen Verlust der Êre desjenigen, der den tödlichen Streich führte, da er unfähig war, seine Kraft gegen den Unterlegenden mit Mâze einzusetzen. Lässt sich gar erkennen, dass der tödliche Streich mit Vorsatz geführt wurde, so wird der Täter von den anwesenden Rittern in Haft genommen und in einem Tribunal unter Vorsitz des Fürsten aus dem Ritterorden ausgeschlossen. Sodann bleibt der ehemalige Ritter in Haft, bis ein ordentlichen Gericht – bestehend aus zwei Rittern unter Vorsitz des Fürsten – entweder über seine Unschuld und Freilassung oder aber seine Schuld und die gerechte Strafe für seine Tat entschieden hat.
Die Gesinnung eines Ritters:
Auch wenn es auf den ersten Blick so scheint, dass nur rechtschaffene oder gute Menschen tugendhafte Ritter sein können, so ist dem ganz und gar nicht so, denn in dieser Hinsicht sind die ritterlichen Tugenden sehr lückenhaft formuliert. Sie verlangen lediglich, dass sich ein Ritter nicht selbst erniedrigt, standesgemäßes Verhalten zeigt und gegenüber seinem Lehnsherren treu handelt.
Rittern mit unaufrichtiger oder böser Gesinnung können diese Tugenden sogar als Schutz dienen, nicht als Handlanger missbraucht zu werden und Aufgaben unter ihrem Stand erfüllen zu müssen.
Der Ritter ist seinem Lehnsherren zum Dienst verpflichtet, er muss dies aber mit seinem Glauben und seinem eigenen Gewissen abwägen und der Lehnsherr weis das. So wird der Lehnsherr auch eher nur Aufgaben formulieren und nicht einzelne Taten befehlen. Das „Wie“ bleibt dem Ritter überlassen.
Und auch bei der Art und Weise seiner Handlungen ist der Ritter relativ frei. Wahllos Menschen abschlachten, dass darf er wohl nicht. Aber niemand hat gesagt, dass er das nicht anderen befehlen darf. Und, wo kein Kläger ist, ist auch kein Richter… . Wirklich interessieren tun einem Ritter üblicherweise auch nur solche Menschen, die mit oder gegen ihn und seinen Zielen sind und im letzteren Fall hat der Ritter auch nach den Tugenden ausdrücklich freie Hand.
Was auch unter „nicht erniedrigen“ fällt, ist angemessenes Auftreten, so, wie es in den Tugenden gefordert ist. „Ritter“ soll nicht einfach nur ein Angeber Titel sein, er soll Atmosphäre schaffen auf unserer Spielwelt. Große Männer und Frauen, welche einzigartige Menschenführer sind, den Gegner respektieren, sich von normalen Kriegern durch ihr gesittetes, überlegenes Verhalten abheben und scheinbar die Hände an den Hebeln der Macht halten. Menschen, zu denen man aufschaut, nicht wegen ihres Ranges, sondern wegen ihrer ritterlichen Taten.