Der Ursprung
Ursprünglich geschaffen durch Siridia und ihre Nachkommen breitete sich das Hexentum nur sehr langsam aus. Zwar verstanden sich alle Nachkommen Siridias auf diese Magie, doch war es mit großen Schwierigkeiten verbunden, andere Menschen zu finden, die ebenfalls das Potential dazu in sich trugen.
Da das Hexentum nicht nur von allen Magiergruppen sondern auch von den großen Akademien mit argwöhnischen Blicken betrachtet wurde, blieben die Hexen meist unter ihresgleichen. Viele verschwiegen ihre Kräfte auch aus Furcht vor der Reaktion abergläubischer Menschen.
Nur langsam bildeten sich kleine Gruppen heraus, die sich auch öffentlich zu ihrer Form der Magie bekannten und junge Hexen einluden, sich ihnen anzuschließen. Im Laufe der Zeit entwickelten sich aus diesen lockeren Zusammenschlüssen schließlich Zirkel mit festgeschriebenen Regeln und Aufnahmeritualen für neue Hexen. Aus den anfangs persönlichen Ansichten der einzelnen Mitglieder bildete sich ein gemeinsames Ziel für den gesamten Zirkel heraus. Viele verschiedene Zirkel mit unterschiedlichen Zielen entstanden damals, doch nur wenige bestehen noch, da oftmals die Interessen der Mitglieder zu verschieden waren, um einen Zirkel dauerhaft zusammenhalten zu können. Natürlich blieben aber auch einige Hexen unter sich und versuchten wie zuvor in kleinem Rahmen ihre Ansichten den anderen Menschen näherzubringen – eine Gewohnheit, die es sogar heute noch gibt.
Die Gegenwart
Das Leben für Hexen ist nicht immer leicht, da noch immer viele Magier und alte Gilden, die ihr Wissen um die Zauberkunst bereits seit Jahrhunderten zusammentragen, abschätzig auf Hexen herabblicken. Auch der alte Aberglaube der Landbevölkerung ließ sich nicht vollkommen ausrotten. Noch immer werden unerklärliche Schicksalsschlkäge gerne den Hexen angelastet, wenn solche in der Nähe leben. Daher gehören Zurückhaltung und Vorsicht weiterhin zum Leben vieler Hexen.
Trotz dieser Umstände haben sich das Hexentum aber weiter ausgebreitet und sogar unerwartete Unterstützung in der Gestalt männlicher Anhänger gefunden. Zwar gibt es nicht sehr viele Hexer – höchstens einen auf zehn Hexen – doch werden sie deswegen nicht geringer geachtet. Sowohl Hexen als auch Hexer sind davon überzeugt, dass die Magie Siridias natürlicher und besser ist als jene der arkanen Magier. Sie stehen daher nicht nur gemeinsam für ihre Magie ein sondern helfen einander auch, sie unter den Menschen zu verbreiten.
Über die Hexenzirkel
Nachdem sich durch den Zerfall vieler Hexenzirkel zeigte, dass Begeisterung allein nicht genügt sondern auch die Mitglieder in ihren Zielen übereinstimmen müssen, bildeten sich deutlichere Strukturen und Ziele der Zirkel heraus. Zusammen mit einer sorgfältigeren Auswahl der neuen Hexen gelang es den verbleibenden Zirkeln auf diese Weise zu überleben.
Mittlerweile legen Hexenzirkel großen Wert auf einen hierarchischen Aufbau. Ein Zirkel wird daher von einer Oberhexe und zwei Beraterinnen geleitet, die aus den älteren und erfahren Mitgliedern des Zirkels gewählt werden. Nach ihnen folgen eben diese älteren Hexen, dann die Hexen mit abgeschlossener Ausbildung und schließlich die Junghexen.
Eine besondere Stellung neben der Oberhexe nimmt die Ritualshexe ein. Sie bewahrt das Wissen um die alten Rituale zu Ehren Siridias, bereitet sie zusammen mit jüngeren Hexen zu den betreffenden Feiertagen vor und überwacht ihren Ablauf. Da man sie als Vertreterin Siridias betrachtet, wird ihr von allen Hexen hohe Achtung entgegengebracht. Auch sie wird aus der Gemeinschaft der älteren und erfahreneren Hexen gewählt.
Ein Hexenzirkel hat für die Wahrung der Tradition des Hexentums große Bedeutung, da nur durch den ständigen Kontakt der Hexen untereinander das alte Wissen erhalten bleibt und nicht im Dunkel der Zeit verschwindet. Zudem bietet ein Zirkel sowohl jungen und in die Jahre gekommenen Hexen die Möglichkeit, trotz Unkenntnis oder mangelnder Kraft für die Vorbereitung an den Festen und Ritualen teilzunehmen. Und schließlich ist es natürlich von großem Vorteil, wenn sich die Vorbereitung auf mehrere Schultern verteilt.
Verbreitung der Hexenzirkel
Ashkantra (Kontinent der Welt Tauvil)
Auf Ashkantra gibt es lediglich einen sehr jungen Zirkel nahe des Dorfes Belrunsweiler. Da dies der einzige Zirkel ist, in dem Hexen und Hexer zusammenkommen können, wurde er als grauer Zirkel geschaffen, in dem alle Hexen Ashkantras ihre Fähigkeiten ohne Angst vor Ausgrenzung zeigen dürfen. Ziel des Zirkels ist die Förderung des Hexentums und das Werben um Verständnis für diese Art der Magie.
In der jüngeren Vergangenheit gab es wenig Aufregung und Auffälligkeiten um diesen Zirkel, weswegen er bei den Siedlern nicht sonderlich große Beachtung findet. Bekannt ist allerdings, dass sich manche der dortigen Hexen auf die Heilkunde verstehen.
Iscandia (Kontinent der Welt Tauvil)
Auf Iscandia bildeten sich Hexenzirkel sowohl im Königreich als auch im Wüstenreich, wobei sich die Einstellung der Menschen dieser Reiche sich auch in der Gestaltung der Zirkel widerspiegelte.
In den Dörfern und Städten des Königreiches entstanden vor allem weiße Zirkel, was an der größtenteils gesetzestreuen Einstellung der Bürger des Königreiches liegen mag. Baranio in Königsheim und Diolan nahe des Dorfes Eichengrund sind solche Zirkel. Zudem gibt es in Talandor auch einen grauen Zirkel – Felino –, dem neben weißen auch schwarze Hexen angehören. Darüber hinaus gibt es noch vereinzelt lebende weiße und schwarze Hexen, die lieber unerkannt außerhalb der Zirkel leben.
Im Wüstenreich, wo Habgier, Korruption und Selbstsucht zum täglichen Leben gehören, gibt es hauptsächlich Zirkel mit schwarzen Hexen und Hexern. Der größte Zirkel dieser Art befindet sich in der Unterstadt von Jamari; allerdings gibt es auch Gerüchte über einen aufstrebenden Zirkel in Din Shobai, der seine Dienste den dortigen Sklavenhändlern zur Verfügung stellt. Sollte dies wahr sein, wird es in naher Zukunft sicherlich zu ernsthaften Konflikten mit der ansässigen Magiergilde kommen, die bislang diese Aufgabe übernommen hat. Weiße Hexen und Hexer im Wüstenreich sind selten. Meist übernehmen sie die Aufgabe von Heilern und nutzen ihre Kräfte, um denen zu helfen, die sich keinen Besuch im Tempel leisten können.
Merkmale der Hexen
Hexen unterscheiden sich auf den ersten Blick nicht sonderlich von anderen Menschen. Durchaus sind sie magisch begabt, doch wird man sie ohne Kenntnis über die Besonderheit ihrer Magie wohl zunächst ebenso für arkane Magierinnen halten können. Ein Beobachter muss schon recht gut wissen, worin die Unterschiede zwischen arkaner Magie und Hexerei bestehen.
Im Volk erzählt man sich, dass alle Hexen besonders temperamentvoll oder feurig seien. Allerdings enthalten solche Verallgemeinerungen wenig Wahrheit, denn sonst wäre die Existenz weißer Hexen, deren Magie eine ruhige und bedächtige Einstellung erfordert, unmöglich. Durchaus mag es besonders temperamentvolle Hexen geben, doch darf man dies nicht auf alle Hexen übertragen, denn wie andere Menschen auch sind Hexen vollkommen unterschiedlich in ihren Gesinnungen, ihren Ansichten und natürlich auch ihrem Gemüt.
Wahr und unter Gelehrten bekannt ist hingegen, dass manche Hexen über einen lilanen Schimmer in ihren Augen verfügen. Bei manchen Hexen kann dies der Fall sein, weil ihre Blutlinie bis zu Siridia zurückreicht, bei anderen Hexen ergibt sich der Schimmer in ihren Augen mit ihrer wachsenden Begabung. Meist zeigt sich der Schimmer zum ersten Mal während eines Rituals, wodurch verständlich wird, warum Hexen davon ausgehen, ihre violette Augenfärbung durch den festen Glauben an Siridia erhalten zu haben. Tatsächlich ist es aber so, dass die betreffenden Hexen im Rausch der Magie unbewußt selbst dafür verantwortlich sind.
Merkmale der Hexen – Volksglaube
„Wie aber lassen sich Hexen nun vom normalen Volk unterscheiden? Wie können unbescholtene Bürger eine Hexe erkennen – ein Geschöpf, das sich vom rechten Weg der Magie abgewandt hat?
Da die Magie der Hexen auf der Kraft ihrer Gefühle beruht, muss man davon ausgehen, dass Hexen besonders gefühlsbetont und temperamentvoll sind. Wenn eine Frau besonders deutlich und energisch ihre Meinung äußert oder gar andere Menschen wütend anfährt, könnte es gut sein, dass sie eine Hexe ist. Denn welche Frau außer einer Hexe – so frage ich Euch werte Leser – würde alle Regeln des Standes, der Höflichkeit und der erforderlichen Demut missachten? Ich sage euch: Niemand außer einer Hexe wird so unverschämt sein, sich über den eigenen Stand hinaus zu erheben.
Beachtet weiterhin, dass sich manche Hexen durch einen sehr leichten violetten Schimmer in ihren Augen auszeichnen sollen. Man sagt zwar, dass dieser Schimmer nur sehr schwer zu sehen sein soll, doch wenn Ihr einen solchen seht, könnt Ihr euch sicher sein, eine Hexe vor euch zu haben. Wie man mir zutrug, soll dieser Schimmer an ihre seltsame Schutzpatronin erinnern, die einst solche Augen hatte. Außer einer Hexe wird daher gewiss kein Mensch dieses Merkmal haben.“
Tobias Holden, Erzmagus und Berater am königlichen Hofe in Talandor im Jahre 20 der Herrschaft König Maldurs
Der Glaube der Hexen
Alle Hexen haben sich ausschließlich dem Glauben an Siridia verschrieben, die als „Graue Hexe“ oder als „Mutter der Hexen“ verehrt wird. Je nach Anlass werden für Siridia kleinere oder größere Feste gefeiert und Rituale abgehalten. Es kann sich dabei um kleinereReinigungs- oder Dankesrituale handeln, aber auch um größer angelegte Opferungen zu Ehren Sidirias. Die meisten dieser Rituale werden größtenteils heimlich an abgeschiedenen Orten abgehalten.
Den anderen Göttern und ihren Anhängern stehen Hexen neutral bis wohlwollend gegenüber. Sie respektieren die anderen Gottheiten und scheuen sich auch nicht, sie anzubeten, solange in ihren Herzen noch immer Platz für Siridia bleiben kann.
Die Magie der Hexen (Hexerei)
Die Ausprägungen ihrer Magie
Die Magie des Hexentums wird in weiße und schwarze Magie unterschieden.
Die weiße wohlwollenden und helfende Magie, umfasst vor allem Heil- und Unterstützungszauber. Sie entspricht dem hilfsbereiten und freundlichen Charakter vieler Hexen und Hexer. Im Gegensatz dazu zählen zur schwarzen Magie vor allem Zauber mit schädlichen Auswirkungen. Hauptsächlich sind es Flüche und Kampfzauber, die schwarze Hexen gegen ihre Feinde einsetzen. Diese zerstörerischen, unberechenbaren und manchmal auch grausamen Zauber entsprechen ihrem eher selbstsüchtigen Charakter und der leichten Erregbarkeit.
Die sogenannte graue Magie, die von Siridia praktiziert wurde und alle Richtungen der Hexenmagie umfasste, vermag niemand mehr zu wirken. Die heutigen Hexen können zwar bis zu einem gewissen Grad auch Sprüche wirken, die nicht ihrem Pfad angehören, doch unterliegen sie dabei Beschränkungen. Sie können weder alle Zauber des entgegengesetzten Pfades wirken noch die möglichen Zauber perfekt beherrschen. Vor allem die stärkeren oder mächtigeren Zauber eines Pfades bleiben daher den Hexen des anderen Pfades immer verwehrt.
Grundlegendes zum Wirken ihrer Magie
Durch ihr Erbe sind Hexen nicht auf das mühsame Lernen von Formeln und Gesten angewiesen sondern können durch ihre Gefühle das magische Gewebe beeinflussen. Ihr Temperament und der Umgang mit ihren Gefühlen bestimmen diese Form der Magie. Daher sind Hexen mit einem feurigen Temperament eher schlechte Heiler, verstehen sich dafür aber gut auf Kampfzauber und Flüche, während bedächtiger handelnde Hexen sich ausgezeichnet auf die Heilkunst verstehen aber dafür weniger erfahren im Kampf sind.
Bevor Hexen jedoch durch ihre Gefühle die Auswirkungen ihrer Zauber lenken können, müssen sie zunächst einmal lernen, das magische Gewebe wahrzunehmen, seine Eigenheiten zu verstehen und sich auf sie einzustimmen. Ohne Erfahrung darin vermag selbst die emotionalste Hexe keine Zauber auszuführen, und trotz ihrer Begabung erfordert es selbst nach der Lehrzeit immer weitere Übung und vor allem große Konzentration. So ist es nicht verwunderlich, dass sogar Meisterinnen der Hexenkunst gewisse magische Kräuter und Pflanzen nutzen, um ihren Geist zu klären und ihre Kräfte zu unterstützen.
In der Beherrschung der Magie durch ihre Gefühle liegt die Stärke – aber auch die Schwäche – der Hexen. Je besser sie mit ihnen umgehen können, desto leichter fällt es ihnen, auch ihre Zauber zu beherrschen. Es erfordert Jahre der Übung und Selbsterkenntnis, um sich der eigenen Gefühle vollkommen bewußt zu werden und zu wissen, wie sie bei der Veränderung des magischen Gewebes helfen können.
Versagen Konzentration und Beherrschung einer Hexe durch zu große Gefühlswallungen jedoch, kann sie sich weder auf das magische Gewebe einstellen noch es entsprechend ihren Wünschen verändern.
Allein die Einstimmung auf das magische Gewebe und seine Veränderung durch die Gefühle genügen nicht, um einen Zauber auch wirklich ausführen zu können. Eine Hexe muss im Augenblick des Wirkens ihrer Magie auch tatsächlich wollen, dass die Wirkung des Zaubers eintritt. Beispielsweise kann eine Hexe, die nicht aus tiefstem Herzen helfen und heilen will, niemals erfolgreich einen Heilzauber ausführen. Ebenso kann sie ohne die erforderliche Wut auf ihr Ziel und die ernsthafte Absicht, Schaden zu verursachen, keinen Kampfzauber wirken.
Die bekanntesten Kräfte der Hexen sind wohl einerseits ihre heilenden und stärkenden Verzauberungen, andererseits aber auch ihre finsteren Verwünschungen. Die stärksten Zauber dieser Pfade werden in gemeinsamen Versammlungen heraufbeschworen, in denen sich die Hexen durch das rituelle Vorbereiten des Ortes und das Abbrennen magischer Kräuter geistig auf das bevorstehende Ritual vorbereiten. Der Duft der abgebrannten Kräuter hilft ihnen, sich einzig auf ihre Aufgabe zu konzentrieren, während sie sich unter Anrufung Siridias aufeinander einstimmen und schließlich gemeinsam den Zauber sprechen, der gewirkt werden soll.
Hexerei ist nicht einfacher oder leichter als die arkane Magie. Sie ist lediglich eine andere Möglichkeit, um auf das magische Gewebe zugreifen und es verändern zu können. Anhänger der Hexerei lehnen lediglich den Formalismus der arkanen Magie ab und suchen statt dessen einen stärkeren persönlichen Zugang zur Magie. Der Zauberkunst stellen sie somit eine etwas natürlichere Magie entgegen, die ein wenig an elfische Magie erinnern mag, aber in ihrer Natürlichkeit nicht konsequent ist.